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Neuartiges Verfahren zum Löschen von Metallbränden mit Zelluloseflakes

Ein Beitrag von Maximilian Lackner, Markus Lutz und Thomas Hribernig von der Fachhochschule Technikum Wien und von Josef Hagauer, Ulrich Matlschweiger und Christian Tippelreither von Hagauer & Matlschweiger OG, Landl

Metallbrände sind wegen der hohen Flammentemperaturen schwer zu löschen. Auch gehen von ihnen erhöhte Gefahren aus, beispielsweise durch mögliche Knallgasexplosionen bei Kontakt mit Wasser. Feuerwehrleute greifen Metallbrände, wie sie z.B. in Magnesiumverarbeitenden Betrieben aufgrund der Selbstentzündlichkeit der Schmelze rasch auftreten können, üblicherweise mit Abdecksalzen oder Sand an, um die Flamme zu ersticken. Ein Nachteil dabei ist, dass sie sich dem Feuer auf nur wenige Meter nähern müssen, damit die Löschmittel darauf geworfen werden können. Feuchter Sand birgt hier das Risiko der Wasserzersetzung mit anschließender Knallgasexplosion. Weiters kann das Aufbringen der Abdeckmittel über Schaufeln dazu führen, dass das vergleichsweise schwere Material die Metallschmelze verteilt; Die Hitzefreisetzung steigt, und Spritzer gefährden dann die Feuerwehrleute und können umliegendes Material in Brand stecken.

Der Metallbrand kann sich unter Umständen unkontrolliert ausbreiten. Neben Produktionsanlagen wie Mg-Druckguss sind auch Späne-Container in der Aluminium- und Magnesiumindustrie besonders gefährdet, dass es zu einem Metallbrand kommt. Die Autoren haben ein neuartiges Verfahren entwickelt, um solche Brände in einer Größenordnung von wenigen kg bis zu mehreren 100 kg brennendes Metall, insbesondere Magnesium, rasch und sicher unter Kontrolle zu bringen. Das Verfahren basiert auf einem modifizierten Einblasdämmstoff, der häufig zur Einsparung von Energie in Wohngebäuden eingesetzt wird (thermische Sanierung von beispielsweise Dachböden). Ein solches Einblasdämmmaterial besteht aus recycelter Zellulose und enthält typischerweise 5 – 10% an Salzen (Borax), um es flammhemmend zu machen (Klasse B2).

Die Zelluloseflocken der Einblasdämmung werden im hier vorgestellten Verfahren mit 10-15% anorgani-scher Salze vermischt. Als besonders vorteilhaft haben sich Magnesiumsulfat und Kaliumchlorid herausgestellt. Die Aufbringung erfolgt mit einem modifizierten Einblasegerät. Dabei werden die speziell ausgerüsteten Flocken durch einen Schlauch (10 cm Durchmesser) auf das Metallfeuer mit Druckluft, die ein Gebläse erzeugt, aus einer Entfernung von bis zu 10 m mit einem Massenstrom von 10-50 kg/min auf den Brandherd aufgebracht. Da die Flocken sehr leicht sind, dringen sie im Gegensatz zu Sand nicht in die Metallschmelze ein, sondern legen sich darüber. Nach ca. 5-30 Sekunden, wenn das Feuer abgedeckt ist, sind keine Flammen zu sehen; Diese würden nach 10-30 Sekunden, je nach Mächtigkeit der Metallschmelze bzw. der Flockenschicht, wieder durchbrechen. Um dies zu verhindern, wird nun in einem 2. Schritt ein Löschwassernebel aufgetragen, um die Zellulosedecke abzukühlen. Der Sprühnebel dringt dabei nur in die obere Schicht der Flocken ein und verdampft. Dabei wird dem Brandherd Hitze entzogen. Die Flockendecke beginnt von unten zu verkohlen, sodass sich unter dem permanent aufrecht erhaltenen Sprühnebel eine stabile Kruste ausbildet. Die Kühlung kann über einen längeren Zeitraum sicher fortgesetzt werden, da die ursprüngliche Metallschmelze gut bedeckt und vor Luftzutritt geschützt ist. Interessanterweise stellte sich heraus, dass die Zelluloseflocken-Schicht für eine ausreichende Abschirmung des Metallfeuers gegen den Wassernebel sorgt. Wenn kein Wassernebel aufgetragen wird, brechen die Flammen wieder durch, jedoch weniger intensiv, und nach vollständiger Verbrennung der Zelluloseflocken bleibt ein fester Schild zurück, der zunächst verkohltes Material ist. In weiterer Folge bleibt nur die glasartige Schicht der geschmolzenen Salze übrig.

90 kg Zelluloseflocken löschen 75 kg Magnesium im Vollbrand

Um beispielsweise 75 kg brennendes Magnesium (im Vollbrand) zu löschen, reichten 90 kg Zelluloseflocken aus. Damit konnte der Brand kontrolliert und rasch in einen sicheren Zustand übergeführt werden. Die Mischung mit 15 % Natriumborat erwies sich als am besten, da sie die stabilste Kruste ergab. Das neuartige Verfahren ermöglicht es, einen mittleren bis großen  Magnesiumbrand innerhalb von weniger als einer Minute zu bändigen, mit wesentlich geringerem Gefahrenpotential für Feuerwehrleute als in der gegenwärtigen Praxis.

Für den Praxiseinsatz wurde ein mobiler Anhänger entwickelt, der neben einer Stromquelle und dem Fördergerät auch ein Lager und eine Zufuhr für die Zelluloseflocken, die in 10 kg Blöcken verfügbar sind, enthält. Damit können Feuerwehrleute die neue Technologie „plug and play“ am Brandort einsetzen. Es bedarf nur einer kurzen Einschulung. Das neue Verfahren wurde im Labor getestet und in zwei Feldversuchen demonstriert. Gesucht werden nun Betriebsfeuerwehren sowie Ortsfeuerwehren in der Nähe gefährdeter Betriebe, um das Verfahren weiterzuentwickeln.

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Brennende Späne von Magnesium. Bei Metallbränden entstehen Temperaturen von >2000°C. Löschwasser wird augenblicklich zu Knallgas umgesetzt, was erhebliche Risiken für die Feuerwehr birgt. © Bilder: Hagauer & Matlschweiger OG.

 

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Der oben gezeigte Brand nach dem Angriff mit den neuartigen Löschflocken. Diese bedecken das brennende Metall unter einer teilweise verkohlten, stabilen Schicht, sodass ein anschließender Angriff mit Sprühstrahl zum Kühlen sicher durchgeführt werden kann.

 

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Die neuartigen Flocken bringen den Brandherd unter Kontrolle und ersticken die Flammen. Erfolgt kein anschließender Sprühstrahl-Angriff, zeigen sich wieder Glutnester.

 

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Die verkohlte Struktur wird mit der Zeit oxidiert, und eine glasartige Schicht aus den den Flocken zugesetzten Salzen bleibt übrig.

 

Der Beitrag erschien zuerst in der Ausgabe September 2021 Feuerwehr Fachjournal

Quellen:
[1] Patentschrift PCT/AT2020/060232
[2] Novel process to extinguish metal fires using cellulose flakes,
WiPP (work in progress poster), 38th International Symposium
on Combustion, Adelaide, Australien, Jan. 2021